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Sind Bergerlebnisse auch eine Form von Macht? Was steckt hinter dem Privileg, seine Freizeit in den Bergen verbringen zu können? Und wie wirkt die Outdoor-Community auf Nicht-Bergsportler? Unsere Autorin hat es am Beispiel von Skitouren ethnologisch hinterfragt.
Text: Anna-Maria Walter, Illustration: Neue Formation
Pause, Powder, Panorama – und Patagonia, ähm Privileg. Darum geht’s auch beim Skitourengehen. Die ersten drei Ps liegen auf der Hand: Berge bringen Abstand zum Alltag, Ruhe und Einsamkeit. Das Ganze im Winter, idealerweise zum „Pulverschneekonsum“ (O-Ton Freerider) bei strahlendem Sonnenschein. Und mit Aussicht auf die eindrucksvolle Landschaft der Alpengipfel. Was so simpel klingt, ist allerdings nur möglich durch den Aufstieg aus eigener Muskelkraft abseits massentouristischer Infrastruktur. Und dazu braucht es jahrelange Übung, entsprechende Ausrüstung und ausreichend freie Zeit – beides Faktoren, die von finanzieller Sicherheit zeugen.Ich schaue mir gerade die Aufnahmen einer Go-Pro-Kamera an, die ich einem circa 40-jährigen Skitourengeher zu Forschungszwecken mitgegeben habe. Im Frühjahr 2023 war er mit einem Freund im Lechtal unterwegs. „Wir sind schon im Nirwana“, ruft er begeistert aus, kurz nachdem sie die letzte Hütte hinter sich gelassen haben. Nur Spuren im Schnee weisen darauf hin, dass schon mal jemand dagewesen ist. Nach einer Stunde Autofahrt sind sie in scheinbar unberührter Natur und gehen mit Spaß an der körperlichen Ertüchtigung in der Umwelt auf. „Den Körper spüren“ und „im Moment aufgehen“ sind zwei der am häufigsten genannten Motive für die Outdoor-Community.Die meisten meiner Forschungspartnerinnen und -partner treibt die Sehnsucht nach Abgelegenheit, Besinnlichkeit und Ausgleich zum hektischen Alltag an. Da sitzen viele von ihnen im Büro, in wintertristen Städten. Umso angenehmer fühlt sich die Sonne in den Bergen an, das Testen des eigenen Könnens und der körperlichen Fitness, der Ausblick in eine natürliche Landschaft ohne größere menschliche Eingriffe. Ein Mann mittleren Alters beschreibt die Faszination Skitour so: „Sobald ich in den Bergen bin, bin ich glücklich. Am meisten, wenn ich keine Zivilisationszeichen sehe.“
Sein Leben so gestalten zu können, wie es einem guttut, ist ein Privileg, das sich nicht alle Menschen leisten können. Über äußeren Zwängen zu stehen, insbesondere sozioökonomischen Einschränkungen, stellt eine indirekte Ausprägung von Macht dar – die Macht, sich Zeit und Geld für den inneren Ausgleich nehmen zu können. Einen solchen demonstrativen Freizeitkonsum (vgl. Thorstein Veblens Theorie der feinen Leute) praktizieren gerade auch Bergsportlerinnen und Bergsportler, die sich abseits massentouristischer Infrastruktur bewegen und aus der Einfachheit der Naturerfahrung Kraft schöpfen. Für einen älteren Tourengeher der Studie stellen die Berge etwa eine Lehrstunde in Demut dar: „Sie lassen mich zu. Gerade im Winter kann ich aber nichts erzwingen. Die Berge entscheiden, das Wetter entscheidet, was geht, nicht ich.“
Wer schafft es nach oben?
Bewusstsein für die Umwelt, sie zu achten und sich anzupassen, sind wichtige Identifikationsmerkmale im Bergsport. Und wie immer, wenn sich Individuen mit einer Gruppe identifizieren, funktioniert das auch über Abgrenzung. Dementsprechend sind auch umweltfreundlich gesinnte Gegenbewegungen zum Kommerz nicht gänzlich frei von sozialem Distinktionsgebaren. Sie sagen meist weniger etwas über die einzelnen Personen aus, als dass sie gesellschaftliche Strömungen widerspiegeln. Wer in seiner Freizeit nach Naturerfahrungen sucht, lässt sich einem aktiven und gesunden, aber vor allem auch einem bewusst nach Erfüllung strebenden Lebensentwurf zuordnen. Obwohl die Bayerische Verfassung allen ein Betretungsrecht der „freien Natur“ „zu Erholungszwecken“ garantiert, und obwohl die Outdoor-Community reflektiert, selbstkritisch und offen erscheint, trifft man in den Bergen ein soziologisch recht homogenes Publikum. Wer schafft es also auf Tourenski in luftige Höhen?
Gemäß meinen Forschungsergebnissen sind das zunächst einmal Menschen, die schon mit Bergerfahrung aufgewachsen sind und sich in der Szene auskennen. Sie schätzen die Lust an der Bewegung, an der frischen Luft, in einer natürlichen Umgebung. Dank ihres familiären Hintergrunds hatten sie die Chance, von klein auf die Skills zum Skifahren im Gelände aufzubauen.Dieses regelmäßige und jahrelange Heranführen benötigt viel Zeit und Geld. Beides muss erst einmal zur Verfügung stehen. Anfahrt, Lifttickets, Ausrüstung, Übernachtungen, Wochenende um Wochenende, Winter für Winter; alles nur schwer zu vereinbaren mit Berufsausbildung, Arbeit im Schichtbetrieb, familiären Verpflichtungen. Menschen aus prekären Einkommensverhältnissen schlagen sich oft mit anderen Themen herum und können sich eine so aufwendige und kostspielige Freizeitgestaltung nicht leisten; sie gehört gar nicht erst zum Repertoire möglicher Hobbys.So lässt sich innerhalb der Outdoor-Community meist ziemlich direkt auf eine Herkunft aus der gebildeten Mittelschicht schließen. Diese Beobachtung deckt sich auch mit den Ergebnissen der Mitgliederbefragung der DAV-Sektion Oberland aus dem Jahr 2023, die gezeigt hat, dass die große Mehrheit der Mitglieder einen akademischen Abschluss hat. Auch wenn einige meiner Forschungspartnerinnen und -partner angaben, dass sie während des Studiums knapp bei Kasse waren, so fanden sie immer Möglichkeiten, ihre Bergleidenschaft auszuleben – zum Beispiel mithilfe eines Ferienjobs beim Freizeitausstatter, um Rabatte bei der Ausstattung zu bekommen, durch kleine Werbeverträge oder als Skilehrer in den Wintermonaten.
Auffällig oft stammen sie auch aus der Umgebung des Alpenvorlands, sind hier verwurzelt und können auf soziale Netzwerke zurückgreifen. Auf Hütten fiel mir zum Beispiel auf, dass häufig mit bairischem Einschlag gesprochen wird, obwohl das nicht mehr unbedingt einen Querschnitt durch die Gesellschaft abbildet. Untere Einkommensschichten und Menschen mit Migrationshintergrund sind mir in der Community nicht begegnet, obwohl letztere z. B. in der Stadt München fast 50 %, in Bayern über 30 %, der Bevölkerung ausmachen. Eine quantitative Studie aus den französischen Alpen zeigt, dass nur 5 % der Skitourengeherinnen und -geher einen Arbeiterhintergrund habe, während es in der Gesamtbevölkerung 20 % sind.Im Laufe der letzten Jahrzehnte steht beim DAV immer stärker das Thema Inklusion im Mittelpunkt. Seit 1986 gibt es beispielsweise eine queere Sektion (GOC), und in den letzten fünf Jahren mehren sich die Angebote für Menschen mit Behinderung. Bei der natürlichen Auslese am Berg scheinen aber wirtschaftliche Verhältnisse und soziale Herkunft ausschlaggebend. Der Wirt einer Alpenvereinshütte, die fernab von Skiliften liegt, beschrieb die Ein- und Ausschlusskriterien seiner Gäste im Winter mir gegenüber einmal ziemlich drastisch so: „Das ist schon eine Schicksalsgemeinschaft hier oben. Wir gemeinsam gegen die übermächtige Natur. Das ist die natürliche Selektion am Berg. Nur wer fit ist, schafft’s nach oben. Und wer sich auskennt in den Bergen.“ Sich auf den trainierten Körper und seinen Orientierungssinn verlassen zu können, bringt Prestige mit sich. Durch ähnliche Erfahrungen zu gehen, erzeugt ein Wir-Gefühl.
Während sich auf dem Parkplatz am Fuß des Bergs die meisten noch anonym ignorieren, scheint jeder geschaffte Höhenmeter die Menschen zu qualifizieren: Die einen bleiben gleich in der Stadt zurück, die anderen am Aussichtspunkt im Tal, die nächsten auf der Seilbahn-Plattform und einige wenige treffen sich unterwegs im Gelände – hier grüßt man sich.Ums Gipfelkreuz herum herrscht eine gelöste Atmosphäre: Leute unterhalten sich übers Wetter, die Schneebeschaff enheit, die besten Routen und darüber, wie wunderbar es doch hier oben ist. Nach der Aufstiegsarbeit schüttet der Körper Glücksgefühle aus, es gibt warmen Tee aus der Thermoskanne, die meisten recken ihre Gesichter der Sonne entgegen.Durch teure Oakley-Brillen lassen sich die dunstblauen Reihen der Bergketten am Horizont bewundern. Was sich sehr individualistisch anfühlt, lässt aber eine relative sozio-ökonomische Homogenität erkennen. Die macht sich hauptsächlich bei Leuten bemerkbar, die nicht dazugehören. Die alternative, naturnahe Outdoor-Community steht also sowohl räumlich als auch metaphorisch über dem herkömmlichen Skizirkus, und natürlich noch viel weiter über denen, die zu den Berggipfeln nur aufschauen. Nachdem Geografie und Naturraum der Berge in Höhenzonen gegliedert werden, liegt die Assoziation mit einer vertikalen Hierarchie von sozialen Schichten nahe.
Abgelegenheit als Belohnung – und Ausschlusskriterium
Abgrenzung durch Aufstieg: Manchmal tritt dieses Prinzip auch deutlich hervor. Eine Skitourengeherin, die Mitte 30 ist, erklärte mir, dass sie ungern an Orte fährt, die vielen Leuten bekannt sind. Vor allem dann, wenn Routen online beworben werden: „Wenn‘s gepostet ist, brauchst da gar nicht hin.“ Wissen ist Macht, auch am Berg.
Nach kurzer Überlegung fügte sie etwas verteidigend hinzu, dass die Alpen zwar für alle seien, die Leute aber schon wissen sollten, wie sie sich am Berg zu verhalten haben. Von Müllvermeidung über Wildtierzonen bis hin zu Lawinenwarnstufen – alles Themen, über die Skibergsteigerinnen und -bergsteiger informiert sein sollten. Ein wenig Exklusivität im naturnahen Wintersport schadet also auch der Umwelt nicht.Der Trend der Pistentouren eröffnet da vielleicht einen Mittelweg, der die vielen nachrückenden Interessierten ein wenig auffangen kann. Die meisten meiner Forschungspartnerinnen und -partner gehen aber ausschließlich im Gelände. Sie fungieren exemplarisch für die mittlerweile circa 600.000 Skitouren-Begeisterten in den bayerischen Alpen. Zwar könnte man die Community auch in unterschiedliche Subgruppen aufdröseln, aber selbst Bewegungen wie „Mit Öffis auf Tour“ lassen sich als Ausdruck eines sozialen Milieus interpretieren, das neben dem Kostenfaktor Zeit auch ökologisches Bewusstsein hat.Der aktive, gesunde und bewusst nachhaltige Lebensstil belohnt die Skitourengeherinnen und -geher reichhaltig mit Lebensqualität und einem Zugehörigkeitsgefühl. Die Fallstudie hat also gezeigt, dass die vertikale Achse der Abgelegenheit sowohl Belohnung als auch Ausschlusskriterium ist. Die richtigen sozioökonomischen Voraussetzungen erhöhen die Chance auf Teilhabe deutlich. Während vor der „übermächtigen Natur“ alle gleich sind, siebt der winterliche Berg gnadenlos aus, wer genug Übung investieren konnte, um ihm abseits präparierter Wege gewachsen zu sein – und Pause, Powder, Panorama genießen zu können.
Der Text entstand im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts, das sich mit nachhaltigem Tourismus in entlegenen Regionen Europas beschäftigt hat (contours.fi ). Die Studie der Autorin näherte sich dafür ethnografisch der Skitourenszene in der Metropolregion München. Neben 17 Tiefeninterviews, mehrtägigen Aufenthalten auf DAV-Hütten mit zahlreichen informellen Gesprächen und eigenen Wandertouren im Schnee beinhaltete der qualitative Methodenmix auch einen hybriden Ansatz, der den Austausch der Outdoor-Community in Onlineforen miteinschloss. Die Forschungsfragen fokussierten sich auf die Themen Naturerfahrung, Nachhaltigkeit (insbesondere von Anfahrt und Wildbegegnung) und Lawinen bzw. Sicherheit. Aussagen und Erlebtes werden anschließend mit wissenschaftlicher Literatur in breitere Kontexte gesetzt. Die Ergebnisse werden nach dem derzeit laufenden Review-Verfahren unter dem Titel „Remoteness on a vertical axis – Social distinction through ski touring in the Alps“ in einer anthropologischen Fachzeitschrift veröffentlicht.
Dr. Anna-Maria Walter ist als Sozial- und Kulturanthropologin aktuell am Rachel Carson Center for Environment & Society an der LMU München tätig. Nach einem Forschungsprojekt zu nachhaltigem Wintertourismus in den Alpen beschäftigt sie sich nun mit unterschiedlichen Arten von Gletscherwissen in Karakorum und Himalaya.
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