Gemeinsam mehr Macht?

Im Jahr 2000 wurde in den damals noch getrennten Vereinsheften wortgleich eine „erfolgversprechende[n] Zusammenarbeit beider Sektionen“ verkündet. Es ging darum, gemeinsam mächtiger agieren zu können. Aber haben wir gemeinsame Macht genutzt? Und was waren denn die Erfolge?

Text: Matthias Ballweg und Manfred Zink

In alpinwelt 1/2025 berichtete Teil eins der Kooperationsgeschichte, wie aus einer Vision Wirklichkeit wurde, von den Ideen am Lagerfeuer bis ins Jahr 1999 durch die beiderseitige Ratifizierung des Kooperationsvertrages durch die Vorsitzenden Prof. Dr. Johann Sonnenbichler und Prof. Dr. Klaus Preuss mit Wirksamkeit ab dem 1.1.2000. Durch die damals schon erzielten Synergieeffekte wurden Ressourcen frei, sodass eine größere Zahl von Projekten angegangen werden konnte; häufig derart, dass eine Sektion die Federführung übernahm und die Finanzierung dann hälftig verrechnet wurde.

Umweltschutz

Gemeinsam haben wir laut unsere Stimme erhoben für einen ambitionierten Umwelt- und Klimaschutz in den Alpen. Das prominenteste Beispiel: 100.000 Postkarten haben wir verteilt, adressiert an die Bayerische Staatsregierung, als für einen Skilift am Riedberger Horn die Staatsregierung plante, die Alpenkonvention zu ändern. Ein Skandal für uns und dank der breiten Unterstützung unserer Mitglieder ein erfolgreiches Beispiel für die Kraft der Gemeinsamkeit. Letztlich ruderte die Staatsregierung zurück, die Alpenkonvention bleibt unangetastet. Auch gegen manch weitere unnötige Infrastrukturmaßnahme wurden wir immer wieder laut. Und nicht nur „gegen“ Zerstörung haben wir uns eingesetzt, sondern auch „für“ nachhaltige Lösungen. Bergbuslinien, Mitfahrbänke, autofreie Täler – die Liste unserer Impulse für Nachhaltigkeit im Bergsport wächst kontinuierlich.

Kletterhallen

Früh war uns klar, dass Bergsport immer stärker auch in Wohnortnähe stattfindet. Wir haben gemeinsam Millionen in die Kletterhallen in Thalkirchen, Freimann und Gilching investiert. Und nutzen diese Hallen auch als einen der größten Ausbildungsstandorte für Kletterausbildung in Europa. Hunderte Kletterkurse für jedes Alter und jeden Geschmack beleben unsere Kletterhallen. Auch das war erst möglich, als wir eine einheitliche Struktur in unser Ausbildungsprogramm gebracht hatten.

Starke Stimme im DAV Bundesverband

Bis auf ganz wenige Ausnahmen stimmten München und Oberland auf den DAV Bundeshauptversammlungen seit dem Jahr 2000 gemeinsam. Mit fast zehn Prozent der Stimmen sind wir zwar weit entfernt von einer Mehrheit oder Sperrminorität, aber doch der mit Abstand größte Block auf jeder Abstimmung der 356 Sektionen. Um diesen Effekt noch auszubauen, gründeten die Sektionen 2006 den Alphakreis – eine Abstimmungsrunde der großen urbanen Sektionen Deutschlands, welcher seitdem regelmäßig wichtige Impulse für den Bundesverband liefert. Zu unseren Impulsen auf DAV Bundesebene zählen:

• Priorität auf Hütten- und Wegeerhalt. Zwar sind wir dem Bundesverband gegenüber nicht als spendabel bekannt, was den Abführungsbeitrag angeht. Beitragserhöhungen für den administrativen Bereich konnten wir oft verhindern. Explizit ausgenommen war hier aber stets das Thema Hütten und Wege. Mehrmals haben wir erfolgreich Anträge eingebracht, um die Finanzierung des Hütten- und Wegeerhalts zu erhöhen und entsprechend auch unseren eigenen Beitrag in diese Töpfe laufend erhöht.
• Ambitionierter Klimaschutz im DAV. Auch auf Bundesebene sind wir aktive Streiter für einen aktiven Klimaschutz.
• Stärkung des Leistungssports – seit vielen Jahren unterstützen wir auch den leistungsorientierten Klettersport. Das gilt für unsere gemeinsame Jugendarbeit in dem Bereich: Hunderte Kinder und Jugendliche in unseren Gruppen und Kadern des „Kletterteams München & Oberland“ haben große Freude daran, sich auch in Wettkämpfen zu messen. Aber es gilt auch für den Spitzensportbereich auf Bundesebene, wo wir uns aktiv in die Strukturen einbringen. Und das durchaus auch kritisch mit Blick auf Mitteleffizienz und eine gesunde Distanz zu manch fragwürdiger Ausprägung des internationalen Spitzensportsystems.

Kommunale Repräsentanz

Es wurde zur Regel, dass in lokalen Angelegenheiten – sowohl bei Behörden als auch bei anderen Verbänden – der Vertreter einer Sektion auch die andere mit vertritt. Damit erhält der Alpenverein München & Oberland, als zweitgrößter Sportverein nach dem FC Bayern und mehr als fünf Mal so groß wie der drittgrößte Sportverein der Stadt (den 60ern), erhebliches Gewicht. Und das war immer wieder wichtig. Unsere starke Stimme im Stadtrat und bei den Behörden war gefragt beim Thema Isartrails, beim Ausbau der Kletter- und Boulderanlagen in Thalkirchen und Freimann sowie bei der Errichtung der künstlichen Boulderanlagen des Kraxlkollektivs, Dicker Hans und Riesige Rosi. Auch darüber hinaus beteiligen wir uns gemeinsam aktiv an der Gestaltung eines lebenswerten Münchens, zum Beispiel mit dem Einsatz für Fahrradinfrastruktur.

Angebote an die Mitglieder

Kurs- und Tourenausbildung
Mit dem Wegfall von Wettbewerbsangeboten und Redundanzen konnte ein gewaltiges Touren- und Kursprogramm aufgebaut werden. Einen wesentlichen Beitrag leistet die einheitliche Schulung der Veranstaltungsleiter, u. a. durch die jährlichen Symposien, die zwar wechselnd durch jeweils eine Sektion federführend, aber immer für den Gesamtbereich veranstaltet werden. Unser Anspruch: Alle, die in München einen Kletterkurs, Hochtourenkurs, Skitourenkurs oder eine andere Ausbildung im Bergsport suchen, finden bei uns einen Platz.

Kommunikation
Mit dem Entfall der Arbeit für zwei Sektionshefte und der bei nur einem Heft doppelt so großen Auflage konnte die Erstellung der Zeitschrift an eine Agentur übergeben und damit redaktionell und gestalterisch hochprofessionell neu entwickelt werden. Auch Website und später soziale Medien wurden direkt gemeinsam aufgesetzt.

Vortragswesen
Das in beiden Sektionen vor der Kooperation zur Jahrtausendwende nur noch sehr schwach ausgeprägte Vortragswesen wurde mit gemeinsam ausgewählten renommierten Vortragsreferenten im Gasteig neu belebt. Diese „Alpine Highlights“ wurden als Markenzeichen des Alpenvereins wahrgenommen. Gleichzeitig wurden die im Augustinerkeller traditionellen und für Mitglieder kostenfreien Vorträge „Bergvisionen“ durch je einen Vortragsreferenten der beiden Sektionen wöchentlich abwechselnd neu strukturiert und erreichten lange nicht mehr dagewesene Besucherzahlen.

Ausrüstungs- und Bücherverleih
Der Verleih verblieb individuell gestaltet in jeder Servicestelle. Mit der Freizügigkeit im Rahmen der Plusmitgliedschaft ergibt sich jedoch für die Mitglieder ein deutlich größeres Angebotsspektrum an Verleihartikeln.

Rückschauend kann nach 25 Jahren Erfahrung uneingeschränkt gesagt werden, dass die mit dem Kooperationsvertrag verbundenen Erwartungen Wirklichkeit wurden und dass die gemeinsame Macht an vielen Stellen erfolgreich genutzt wurde.