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Alpines Glück im Karwendel-Bruch

Der Schiefe Riss

Der Große Ahornboden gehört zu den schönsten Orten im Karwendel. Neben der beeindruckenden Landschaft ist der Talgrund am Ende des Risstals für seine berühmt-berüchtigten Kletterrouten bekannt – aber lange nicht mehr so beliebt. Doch wer brüchigen Fels, Einsamkeit und Ausgesetztheit nicht scheut, findet hier wahres alpines Glück.

Text: Klara Palme, Fotos: Georg Pollinger, Illustration: Julius Kerscher (alpinwelt 3/2022)

Wer durch die Eng fährt, erlebt nach den lieblichen Hagelhütten auf halber Strecke zwischen Hinterriss und der Eng Alm einen magischen Moment: Der Blick gleitet zum ersten Mal frei über den Großen Ahornboden und fällt an dessen Ende auf die gewaltige Nordostwand der Spritzkarspitze. Wie eine mächtige Pyramide ragt der 2606 Meter hohe Berg in den Himmel und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Und da ist noch etwas, das das Herz höherschlagen lässt: Ein diagonaler Riss zieht mitten durch die beeindruckende Nordostwand der Spritzkarspitze. Eine Linie, so markant, dass sie selbst von Nicht-Kletterern wahrgenommen wird. Der 1902 erschlossene „Schiefe Riss” zählt bis heute zu den großen, klassischen Alpintouren im Karwendel. Dennoch wird die Linie nur noch selten durchstiegen, denn „das Gestein ist nach modernen Maßstäben zu brüchig, die fixen Sicherungen sind unzureichend und der Riss bis weit in den Sommer hinein nass”, so die Touren-Beschreibung im Kletterführer. Diese Warnung sollte auch mich über viele Jahre vom Schiefen Riss fernhalten – und das war auch gut so!

Doch aus irgendeinem Grund hatte mich die Wand nicht mehr losgelassen. Und eines Morgens breche ich mit meinem langjährigen Seil- und Lebenspartner Georg schließlich zur Spritzkarspitze auf. Die Luft an diesem Sommertag ist kühl, der Ahornboden liegt noch im düsteren Schatten. In der Morgensonne strahlt uns die Nordostwand entgegen – freundlich und abschreckend zugleich. Schon wechseln wir in wegloses Gelände, auf direktem Weg ins Abenteuer „Schiefer Riss“. Bereits der Zustieg ist eine Prüfung: Nach brüchigem Zweier-Gelände folgt ein extrem steiles Grasband mit viel Luft unter den Füßen. Abwechselnd geht es über rutschiges Gras und brüchigen Fels. „Nimm deinen Hammer, um dich zu sichern”, kommt bereits nach wenigen Metern Georgs Rat. Unsere alpine Sicherungsausrüstung, die eigentlich zum Einschlagen von Haken gedacht ist, kommt bereits im Zustieg zum Einsatz. Ich bin nervös, kralle mich ins Gras und steige extrem vorsichtig. Wie ein Trichter in die unendliche Tiefe formt sich eine Rinne vor mir. „Ein Fehltritt, ein Griffausbruch und du bist dahin”, warnt meine innere Stimme. Dabei sind wir noch nicht einmal am Schiefen Riss angekommen. „Du kannst das!”, versuche ich mich zu beruhigen. Wie in Zeitlupe schleiche ich zu Georg hinüber, der am Einstieg zur Klettertour inzwischen einen sicheren Stand gebaut hat.


»Das Gestein ist nach modernen Maßstäben zu brüchig, die fixen Sicherungen sind unzureichend und der Riss bis weit in den Sommer hinein nass.«



1902: Zwei Kunststudenten und die Flucht nach oben

Wie müssen sich die Erstbegeher Otto Bauriedl und Adalbert Holzer im Juli 1902 an dieser Stelle gefühlt haben? Zwei junge Kunststudenten, dessen Schicksal durch ein Hanfseil unwiderruflich miteinander verbunden war. Ohne Stand oder Sicherungen – Klemmgeräte, Haken und Karabiner kannte man damals noch nicht –, ohne die Möglichkeit eines sicheren Rückzugs: die Flucht nach oben als einzigen Ausweg. „Ich gehe, so weit das Seil reicht. Falls ich keinen Stand finde, musst du dann mitklettern”, warnt mich Georg vor und verschwindet kurz danach über der Steilstufe. Das Seil läuft stetig durch meine Hände, mit den letzten Metern baue ich schnell den Stand ab und begebe mich in die Wand. Die ersten Schritte sind verkrampft, denn gleichzeitig klettern bedeutet, dass ich im Falle eines Sturzes Georg aus der Wand reiße und wir gemeinsam stürzen. Gibt es zwischen uns überhaupt Sicherungen? Würden sie die Belastung unseres Sturzes halten? Ich weiß es nicht. Also: Stürzen verboten!

Dank Schmelz- und Regenwasser ist die Verschneidung ordentlich geputzt und geschliffen, der Fels ist überraschend fest. Schon kommen erste Friends sowie Schlaghaken in Sicht, meine Anspannung löst sich. In Wechselführung klettern wir die Rampe empor, über lange Passagen hinweg gemeinsam kletternd, auf sich und den Partner vertrauend. Es gibt keine Haken, die uns den Weg vorgeben – wir folgen, wie die Erstbegeher, dem logischen Weg. 1902 bedeutete das aber zugleich, an der scharfen Grenze zwischen Leben und Tod zu klettern. „Zunächst war klettertechnisch keine Besonderheit gegeben, das sollte aber bald anders werden”, liest man im Bericht der Erstbesteigung. „Die Bergwand hatte zum Teil nur noch wenige Stellen […] zum Festhalten und Hochklettern. Und so kam es, an einer heiklen Stelle der Wand, die sich eigentlich als nicht mehr begehbar entpuppte, zum Fiasko.” An kleinen Griffen hängend rutschte Otto Bauriedls Fuß weg, er stürzte und riss seinen Seilgefährten mit!

Der Fels wird nun kompakter, die Rampe steiler und die Sicherungsmöglichkeiten rarer. Glatte Platten drängen uns zunehmend in die brüchige Rissverschneidung rechts. „Wahnsinn, was die 1902 in Lederstiefeln mit genagelten Sohlen geklettert sind”, denke ich während einer Passage mit zierlichen Leisten. Als ich zurückschaue, blicke ich entlang der langen Rampe hinab ins grüne Tal, das unzählige Klettermeter unter uns liegt. Stürzen möchte hier niemand – bei solch windigen Sicherungen. Aber immerhin konnte ich überhaupt welche anbringen. Mit der Schulter an der Felswand lehnend sowie den Füßen stemmend, quetsche ich mich unästhetisch unter einem diagonalen Felsdach hindurch in leichteres Gelände. Endlich finde ich auf einem kleinen Absatz einen passenden Spalt für mein Klemmgerät und baue einen Stand. Ein kleiner Hafen der Sicherheit inmitten beängstigender Leere. Ob Bauriedl und Holzer bei ihrem Sturz hier landeten? Es grenzt an ein Wunder, dass sie bei ihrem Sturz nicht bis zum Wandfuß abstürzten.


Der luftige Spitz am Ende vom Schiefen Riss ist der Höhepunkt und doch nur Halbzeit: ein anspruchsvoller Abstieg steht bevor.

Wie durch ein Wunder überlebten die Erstbegeher

Mutig gingen sie die Stelle gleich noch einmal an. Was blieb ihnen auch anderes übrig? Mithilfe eines menschlichen Steigbaumes kletterte Adalbert weiter und erwischte „eine etwas bessere Stelle mit Felsgriffen“, um sich hochzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden bereits zehn Stunden in der Wand – und hatten noch viele Klettermeter vor sich. Mit dem Wissen über die Tour und unserer modernen Ausrüstung sind wir zwar schneller unterwegs, aber das alpine Gelände fordert auch bei uns Zeit und Nerven. Der Fels wird zunehmend brüchiger, überall liegt Geröll. Das Karwendel lässt grüßen! Der Berg scheint hier nicht mehr zu sein als eine Ansammlung loser Felsbrocken, an denen wir unglücklicherweise hochsteigen müssen. Ich bin erleichtert, als ich schließlich auf ein schmales Schuttfeld krieche. Über mir: ein düsterer, feuchter und unangenehmer Kamin, der die letzte größere Schwierigkeit der Tour darstellt. Aber das ist noch Zukunft, den kurzen Moment der Entspannung beim Nachsichern genieße ich in vollen Zügen.

Georg klettert in den mit Lehm und Moos benetzten Kamin, klassischer könnte es nicht sein. Anstelle von Stemmen und Schrubben findet er an anderer Stelle eine deutlich schwierigere, dafür weniger schmutzige Lösung, um aus dem dunklen Loch ins Licht zu klettern. Mit viel Mühe folge ich wenig später und setze zu den letzten Metern der Tour an. Nach vielen Stunden in der schattigen Nordwand streben wir endlich der warmen Julisonne entgegen. Endlich stehen wir auch am ausgesetzten Gipfelspitz des Schiefen Risses, doch das Glücksgefühl ist nur von kurzer Dauer. Das Abenteuer ist am Ende der Kletterei noch lange nicht vorbei! Die Erstbegeher mussten hier erst einmal eine eisige Nacht ohne Biwakausrüstung überstehen. Dafür fing die Feier ihrer alpinen Meisterleistung bereits im Abstieg an: Auf der Suche nach den verschollenen Münchner Studenten trafen am Grat „Retter” und „Jungbergsteiger” aufeinander: „Die Gemeinschaft wurde bei einem Roten, den die Jäger im Krug mitbrachten, feucht begossen."


»Solche Klassiker gehören geschützt wie unser Edelweiß, denn sie bewahren das Abenteuer auch für künftige Generationen.«


Brüchige Abstiege und steile Schneefelder statt Rotwein-Feiern

Auf uns wartet unterwegs sicher kein Rotwein, wir wählen daher anstelle des langen brüchigen Grates zur Spritzkarspitze lieber den direkten Abstieg durch das Eiskarl. Schon gleiten wir im Schotter hinunter, queren steile Schneefelder und stehen an einer beängstigenden Abbruchkante. Senkrecht fällt das Schrofengelände mehrere Hundert Meter ins Hochglückkar ab. Fliegen müsste man können! Es ist unheimlich, so ganz ohne Sicherung in eine derart steile Wand abzusteigen. Zum Glück „karwendelt” es hier nicht so: Statt brüchigem Fels erwarten uns Graswasen zum Hineinkrallen. Vorsichtig bewegen wir uns im Zickzack hinunter. Es ist unglaublich, dass es in diesem steilen Gelände überhaupt einen „leichten“ Abstieg gibt! Noch unglaublicher ist für mich, dass wir diesen Weg auf Anhieb finden. Im Hochglückkar angekommen, fällt mir eine riesige Last von den Schultern: Wir haben es geschafft! Der Name „Hochglück“ könnte mein Gefühl nicht besser beschreiben: eine Mischung aus Stolz, Glück und unendlichem Freiheitsgefühl.

Den klassischen Linien im Karwendel eilt ein warnender Ruf voraus, und das ist gut so. Reine Kletterschwierigkeiten zu meistern ist eine Sache, aber für diese Touren muss man noch auf andere Weise bereit sein: Es braucht „kletternde Bergsteigerinnen und Bergsteiger“, denn im Karwendel gehören alpine Erfahrung und Nervenstärke dazu. Diese mentale Komponente wird im modernen Klettern gerne ausgeklammert, durch Material ersetzt. Klassische Felsfahrten wie der Schiefe Riss erinnern uns daran, dass alles, was wir brauchen, in uns steckt. Für mich war der Schiefe Riss daher eines der eindrucksvollsten und wertvollsten Erlebnisse meines Kletterlebens. Er hat mir gezeigt, wie viel ich durch Willensstärke und Selbstvertrauen erreichen kann. Solche Klassiker gehören geschützt wie unser Edelweiß, denn sie bewahren das Abenteuer auch für künftige Generationen.


Im Abstieg durch die senkrechten Schrofen ist noch einmal volle Konzentration gefragt.


Schiefer Riss

Spritzkarspitze (2606 m) Nordostwand, Karwendelgebirge

Charakter 
anspruchsvolle, selbst abzusichernde Alpinklettertour (eigenverantwortliche Sicherung auch an den Standplätzen!)

Zustieg
ca. 300 hm (inklusive langer Querung auf ausgesetztem Grasband)

Abstieg
rund 1100 hm in teils brüchigem Gelände

Schwierigkeit & Kletterlänge
UIAA V, 500 Klettermeter

Dauer
8 Std.

Beste Zeit
Juli bis September


Topo-Illustration von Julius Kerscher als PDF


"Klettern ist kein Sport, sondern eine Lebenseinstellung.“ Für die freie Autorin Klara Palme sind Felsen und Berge nicht nur Ausgleich zum Alltag, sondern wichtige Lehrmeister und Quelle für Kraft und Inspiration.