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Im Sternenwinkl

Ganz einsam liegt sie nicht, unsere Winklmooshütte auf der Winklmoosalm. Dafür ist sie fast bis zur Hüttentür öffentlich erreichbar – und ein ideales Sprungbrett für Selbstversorger, die ausspannen, die Berge unsicher machen oder einfach nur nach den Sternen greifen wollen.

Text: Christian Rauch; Titelbild: Karl Travnicek

 


Unsere Winklmooshütte mit ihren 22 Schlafplätzen ist ganzjährig erreichbar – nicht nur mit Tourenski, sondern sogar mit Bus und Gondel.
 Foto: Günther Manstorfer

 

An einem Wintermorgen kann es zapfig kalt sein um die Winklmooshütte. Wer von der Hütte aus ins Freie tritt, erkennt die verschneiten Felshörner der Loferer Steinberge im Südosten. Direkt im Süden ragt die Steinplatte auf. Bald hebt sich die Sonne über das Wildschutzgebiet am Martinsbichl im Osten und taucht das Weiß um die Winklmooshütte – das Gebiet ist eines der schneesichersten in Bayern – in ein zartes Licht.

Wenig später, und nur zehn Gehminuten von der Selbstversorgerhütte der Sektion München entfernt, endet an manchen Wintertagen die Ruhe. Der Trubel der Alpinskifahrer beginnt. Denn die Winklmooshütte liegt nicht allein, sondern inmitten der Winklmoosalm, einer weiten Almfläche oberhalb von Reit im Winkl in den Chiemgauer Alpen. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten ein modernes Skigebiet entwickelt, in das man direkt von der Hütte aus einsteigen kann.

Aber auch für Skitouren- und Schneeschuhgänger, Winterwanderer und sogar Langläufer ist genügend Platz. Und so liegen zwei weitere AV-Hütten – eine Selbstversorgerhütte der Sektion Oberland und eine bewirtschaftete Hütte der Sektion Traunstein – sowie ein Gasthaus und ein Hotel unweit der Winklmooshütte.

Die Selbstversorgung ist auf der Winklmooshütte also kein absolutes Muss. Wer nicht kochen will, kann einen kurzen kulinarischen Ausflug in die Nachbarschaft unternehmen. „Oder auch einfach auf ein Bier kommen“, schmunzelt Karl-Heinz Travnicek, genannt „Charly“. Seit gut sieben Jahren ist er der Hüttenreferent der Winklmooshütte. Doch der Pallinger aus dem Landkreis Traunstein kennt die Hütte schon länger. „1993 kam ich das erste Mal herauf und war seit 1997 regelmäßig bei den Arbeitstouren dabei.“ Die halbjährlichen Arbeitseinsätze organisiert Charly nun selbst. Bis zu 15 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Sektion kommen mit ihm im April und Oktober jeweils ein Wochenende auf die Winklmooshütte.



Herein in die gute Stube: Auf der Winklmooshütte lässt es sich drinnen wie draußen gut aushalten.
Foto: Laura Betzler

 

Dann wird der lange Zaun auf- bzw. abgebaut, um die Selbstversorgerhütte vom Weidevieh abzutrennen. „Wir putzen die Hütte gründlich durch, beziehen die Betten neu und erledigen kleinere Reparaturen“, sagt Charly. Praktisch, dass gleich drei ausgebildete Elektriker im Helferteam sind.

Charly selbst schaut mit seiner Frau Inge, die ihn bei seinem Ehrenamt nach Kräften unterstützt, öfter nach dem Rechten: „Alle zwei bis drei Wochen kommen wir hoch und sorgen dafür, dass alles weitgehend sauber ist und funktioniert.“ Bei dem Arbeitswochenende im Herbst gelangt auch das Brennholz auf die Winklmooshütte. Da im Sommerhalbjahr eine öffentliche Mautstraße hinaufführt, kann Charly es bequem liefern lassen.

Einen ähnlich bequemen Transportweg hat seit dieser Wintersaison das Wasser. Die 2020 neu gebaute Wasserleitung aus dem Tal führt nun zu den Gebäuden der Winklmoosalm und zur Münchner Selbstversorgerhütte. Davor wurde das Gebiet von lokalen Quellen und einem Hochbehälter versorgt. In trockenen Sommern wurde das Wasser schon mal knapp, denn der Bedarf ist durch die vielen Gäste und Weidetiere groß.

Charly Travnicek ist zufrieden mit der neuen Lösung: „Und da die Sektion München die Hütte von der Almgenossenschaft Winklmoosalm pachtet, hätten wir ohnehin nicht ‚nein‘ sagen können.“ Mit erheblichen Mehrkosten rechnet der Hüttenreferent nicht – immerhin förderte der Freistaat Bayern das Projekt zu drei Vierteln. Duschen gibt es auf der Winklmooshütte trotzdem nicht, und das Wasser in den sauber gefliesten Waschräumen ist so kalt, wie es sich Hüttenromantiker nur wünschen können.

In der Natur, aber bestens versorgt

In dieser Kombination ist die Winklmooshütte ein Unikat: ein rund 100 Jahre alter Bau aus Holz und Stein, gemütlich eingerichtet, umringt von Natur. Und doch ganz nah an der Zivilisation und von ihr versorgt. So kommt auch der Strom aus dem Tal. „Wer mit dem Küchenherd Schwierigkeiten hat, kann also einfach die elektrischen Kochplatten, den Wasserkocher und die Kaffeemaschine benutzen“, empfiehlt Charly. Sogar der Müll wird abgeholt und zuvor getrennt wie im Tal. Trotzdem gilt die bekannte Berg-Regel: Jeder nimmt seinen eigenen Abfall wieder mit ins Tal.

Für 22 Besucher bietet die Winklmooshütte Platz: in einem Zweier-, zwei Vierer-, einem Fünfer- und einem Siebener-Lager. Die Küche ist für mehrere Besuchergruppen geräumig genug. Auch für Familien ist die Hütte ideal: Viele Hundert Meter um die Hütte herum lauert in dem sanften Almgelände keine Gefahr für spielende und umherlaufende Kinder.

 

Aus dem nahen Skigebiet Steinplatte überblickt man die weite Hochfläche der Winklmoosalm, auf der auch die Winklmooshütte liegt.
Foto: Foto: mauritius images / Hans-Werner Rodrian

 

Bei Schnee warten kleine Schlittenhügel, ohne Schnee Felsen zum Kraxeln. Und im Sommer kann man bis kurz vor die Hütte fahren. Im Winter fährt die Kleinkabinenbahn oder man nutzt ein Taxi. Wer die Hütte zu Fuß oder mit dem Rad erreichen will – und dabei Maut- bzw. Bus- oder Seilbahngebühr spart –, findet einen bequemen Weg ab dem Parkplatz Seegatterl.

Oben angekommen, hat man die Qual der Wahl: Alpine Brettlfans können südlich der Hütte 42 Kilometer Pisten, bis hinauf zur 1869 Meter hohen Steinplatte und hinüber ins österreichische Waidring, auskosten. Langläufern empfiehlt Charly Travnicek die mittelschwere Loipe Richtung Nordosten zur bewirtschafteten Wildalm; gut zehn Kilometer hin und zurück mit etlichen Aufstiegen und Abfahrten. Etwa gleich lang ist die Variante zur ehemaligen Jausenstation Moarlack.

Auch Winterwanderer finden rund um die Hütte, zur Wildalm und zur Herbstalm schöne geräumte Wege. Skitouren- und Schneeschuhgeher orientieren sich gen Norden: Hier bietet das 1776 Meter hohe Dürrnbachhorn oben viel freies Gelände – und für Geübte eine kleine Reibn überRiegerkaser und Wildalm hinüber zum Wildalphorn. Früher surrte am Dürrnbachhorn auch im Winter ein Lift. Nun läuft der betagte Einersessellift als „Nostalgiebahn“ nur noch im Sommer. Praktisch vor allem für Familien mit kleinen Kindern, denn von der Bergstation ist es nur noch ein kurzes Stück bis auf den Gipfel des aussichtsreichen Dürrnbachhorns.

Abseits von den Gipfeln hat Charly Travnicek zwei besondere sommerliche Tipps: über die Wildalm hinunter zum Staubfall, wo der Weg direkt hinter dem Schleier des Wasserfalls hindurchführt. Und zum Baden wartet im Tal das direkt aneinander gelegene Seentrio aus Weitsee, Mittersee und Lödensee, die besonders gut mit dem Bike erreichbar sind.
 
Und dann ist da noch der erste offizielle Sternenpark in den Alpen. Dieses Prädikat hat die International Dark-Sky Association (IDA) dem Gebiet der Winklmoosalm 2018 verliehen. Denn es ist leicht erreichbar, hoch gelegen und von sehr geringer Lichtverschmutzung betroffen, denn in etlichen Kilometern Umkreis liegen keine großen Orte. Der Physiker Manuel Philipp macht ab Mai bis in den Herbst Sternführungen. Aber zu jeder Jahreszeit lohnt es, ein eigenes kleines Fernrohr oder einen Fernstecher zur Hütte mitzubringen. Selbst das bloße Auge kann bis zu 6000 verschiedene Sterne am Himmel über der Alm erkennen. Tag und Nacht ist auf der Winklmooshütte also immer was geboten.


Steckbrief Siglhütte


Höhe: 1160 m

Öffnungszeiten: ganzjährig für Selbstversorger

Übernachtungsplätze: 22 Schlafplätze in fünf Räumen

Preise: 15 EUR für Sektionsmitglieder Erwachsen, 7 Euro für Kinder (7-18 Jahre), kostenfreu für Kinder unter 7 Jahre

Anreise Sommer: Mit der Bahn von München nach Prien, von dort per Bus über Seegatterl bis zur 15 Gehminuten  entfernten Winklmoosalm

Anreise Winter: Während der Betriebszeiten der Gondelbahn kann man von Seegatterl mit der Gondel zur Winklmoosalm fahren. Alternativ: ca. 1,5 Std. leichte Wanderung. Die Mautstraße zur Winklmoosalm ist im Winter nur außerhalb der Bahn-Betriebszeiten geöffnet.

Infos und Buchung


Buchungshinweise für SV-Hütten


Auch wenn die Winklmooshütte „halb in der Zivilisation“ liegt: die wichtigsten Regeln für Selbstversorgerhütten gelten auch hier.

  • Selbstversorgerunterkünfte sind nicht allgemein zugänglich. Jedes volljährige Sektionsmitglied kann für sich als verantwortlichen Hüttenbesucher (= haftenden Vertragspartner) und begleitende Personen Schlafplätze buchen.
  • Bitte denkt daran, dass auch andere Gäste im Haus anwesend sein können.  Rücksichtnahme und Toleranz tragen zu einer guten Atmosphäre im Haus bei!
  • Die ausgehängte Hausordnung ist für alle Gäste verbindlich.
  • Das buchende Mitglied haftet bei verursachten Schäden für die angemeldete Gruppe.
  • Auf SV-Hütten ist um 23 Uhr Hütten-/Hausruhe.
  • Rauchen und off enes Feuer sind in unseren Hütten verboten! Auch Lagerfeuer sind im Umfeld der Hütte tabu!
  • Hunde und andere Haustiere sind nicht gestattet.